10. Oktober 2016

Wasser wird sauberer, weicher und teurer: Sechs Kommunen investieren in ein modernes Wasserwerk und neue Leitungen

Dass zu jeder Tages- und Jahreszeit sauberes Trinkwasser aus der Leitung fließt, ist für die Bürger selbstverständlich, für die Kommunen ist es eine Herausforderung. Die Stadt Backnang und fünf Gemeinden im Umland gehen dies jetzt gemeinsam an: Geplant ist unter anderem ein neues Wasserwerk bei Erbstetten. Das Land unterstützt die Pläne: Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) überreichte gestern einen Förderbescheid über 1,4 Millionen Euro.

BACKNANG. Die Idee für eine gemeinsame Wasserversorgungskonzeption im nördlichen Rems-Murr-Kreis unter dem Dach des Zweckverbands Wasserversorgung Nordostwürttemberg (NOW) ist nicht neu, allerdings wären die Pläne vor zwei Jahren beinahe gescheitert. Etliche der ursprünglich zwölf interessierten Städte und Gemeinden sprangen nämlich wieder ab und wollen ihre Wasserversorgung auch künftig lieber in Eigenregie regeln. Übrig geblieben sind letztlich neben Backnang die Gemeinden Aspach, Oppenweiler, Burgstetten, Allmersbach im Tal und Leutenbach. Diese vom Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper als „eiserne Allianz der sechs Trinkwasser-Alliierten“ bezeichneten Kommunen sind davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit dazu beiträgt, die Versorgungssicherheit und auch die Wasserqualität für ihre Bürger zu verbessern. Denn in dem neuen Wasserwerk, das für rund 12 Millionen Euro zwischen Maubach und Erbstetten entstehen soll, wird künftig eine hochmoderne Ultrafiltrationsanlage zur Verfügung stehen. Sie garantiert auch dann beste Trinkwasserqualität, wenn die lokalen Quellen und Brunnen etwa nach einem Unwetter verunreinigt sind. Außerdem wird das oft sehr kalkhaltige Wasser aus der Region durch ein sogenanntes Ionenaustauschverfahren enthärtet. Aktuell liegt der Härtegrad des Wassers in vielen Bereichen zwischen 20 und 30. Künftig verspricht der NOW allen Haushalten in den beteiligten Kommunen Trinkwasser mit einem Härtegrad von maximal 14. Die betroffenen Bürger bräuchten dadurch weniger Spül- und Waschmittel und auch keinen chemischen Wasserenthärter mehr, erklärt NOW-Geschäftsführer Ernst Rommel: „Das bedeutet eine kräftige Ersparnis und weniger Belastung für die Gewässer.“ Ein weiterer Vorteil: Weil künftig auch sehr hartes und sogar mit Trübstoffen verunreinigtes Wasser genutzt werden kann, müssen die Kommunen weniger Wasser aus der Landeswasserversorgung dazukaufen. Nach Angaben des NOW sollen künftig pro Jahr rund 2,7 Millionen Kubikmeter aus eigenen Quellen ins Trinkwassernetz fließen. Bisher sind es lediglich 700000 Kubikmeter. Und natürlich geht es auch um die berühmten Synergieeffekte: „Für ein Wasserwerk braucht man weniger Personal als für zehn“, sagt der NOW-Verbandsvorsitzende Stefan Neumann. Bevor gespart werden kann, muss allerdings erst einmal kräftig investiert werden. Alleine der Bau des neuen Wasserwerks wird rund 12 Millionen Euro kosten. Weitere 20 Millionen Euro werden benötigt, um 55 Kilometer neue Leitungen zu verlegen, in denen das Rohwasser nach Erbstetten und das gereinigte Trinkwasser von dort wieder zurück in die Gemeinden fließt. Kurzfristig steigt der Preis, langfristig soll er stabil bleiben „Ohne finanzielle Unterstützung des Landes wäre das nicht möglich“, weiß Neumann. Insgesamt rechnet der NOW mit 8,7 Millionen Euro aus Stuttgart. Bei seinem Besuch am neuen Hochbehälter Galgenberg in Backnang hatte Umweltminister Franz Untersteller gestern aber erst einmal nur einen Förderbescheid über 1,4 Millionen Euro im Gepäck, weshalb Gastgeber Frank Nopper auf weitere Ministerbesuche hofft: „Für Fördermittel-Wohltaten sind wir unbeschränkt empfänglich. Sie dürfen also zukünftig häufiger kommen.“ Untersteller lobte die Kooperation der sechs Kommunen: „In eine moderne Wasserversorgung zu investieren, heißt, in unser wichtigstes Lebensmittel zu investieren und Zukunft zu sichern“, sagte der Grünen-Politiker. Den Löwenanteil der Investitionen, nämlich rund 21 Millionen Euro, bezahlt der Zweckverband NOW. Der wird sich das Geld von den Kommunen über die Wasserpreise allerdings wieder zurückholen. Geplant sei eine Preiserhöhung um 3,6 Cent je Kubikmeter, kündigte Stefan Neumann gestern an. Langfristig soll die neue Wasserkonzeption aber für stabile Preise sorgen. Mit dem Bau des neuen Wasserwerks soll Anfang 2017 begonnen werden, beim NOW rechnet man mit einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren. Voraussichtlich im Jahr 2020 heißt es dann: „Wasser marsch.“

von Kornelius Fritz, Backnanger Kreiszeitung